Jean-Michel Crapanzano setzt sich im Rahmen seines vielseitigen künstlerischen Schaffens in plastischer Weise mit fundamentalen Fragen auseinander, die unsere heutige Gesellschaft beschäftigen und formen – gleichwohl ohne ein eindeutiges Bewusstsein zu erzeugen. Geschichte und Erinnerung, die mit Ideologien und der entstehenden Wahrnehmung verflochten sind, verlaufen Hand in Hand mit medialen Bildern, deren „mythischer“ Aspekt vom Künstler kritisch und gewissenhaft hinterfragt wird.
Bei dieser im Rahmen der Ausstellung Ultra Réel erstmals gezeigten Installation überlagert Jean-Michel Crapanzano verschiedene Gattungen, darunter computerbearbeitete Fotografien und Bilder sowie Zeichnungen, Videos und
Gegenstände, die gleichzeitig verschiedene Zeiten verkörpern. Zwischen Science-Fiction und Realität sowie zwischen Fiktion und Spur oder Dokument erscheint ein kreisförmiges Universum, in dem Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart scheinbar widersprüchlich miteinander verschmelzen, um den Zuschauer in einen komplexen und schier unüberschaubaren Strudel zu reißen.
„Die Installation La légende de N.S. : autel mobile : propagande 2073, objet-simulation à l’attention des jeunes générations soll bis 2073 in einer hermetisch verschlossenen Box aufbewahrt und erst dann wieder geöffnet werden. Es wird möglich sein, diese simulierten Propagandafotos mit der Realität und den Gegebenheiten zu dieser Zeit zu vergleichen. Wird es in der Zukunft Familienpropaganda geben, die sich an unsere Jüngsten richtet? Im Rahmen der Legende um N.S, einem berühmten französischen Präsidenten, wird man, vielleicht mithilfe schockierender Gedenkkampagnen für die öffentliche Moral, dessen legendär gewordenen Slogans und Maximen zelebrieren und den Kindern beibringen, fromm und ergeben zu beten.
Der Künstler geht davon aus, dass diese Gedenkkampagnen für unsere Kleinen mit der zunehmenden Stärke der letzten Zuckungen des im Sterben liegenden Kapitalismus Form annehmen werden. 2073 wird ihm Recht geben oder auch nicht. Die Möglichkeiten liegen im Werk verborgen. Abwarten lautet die Devise.“ Jean-Michel Crapanzano