Als Fotograf, plastischer Künstler und Schriftsteller beleuchtete Edouard Levé mit einer gewissen Distanz, mit schwarzem Humor sowie mit formalem wie auch konzeptuellem Können die Frage nach der Entwicklung und dem Hintergrund seiner Persönlichkeit, die von Angst, Fantasmen oder auch unbewussten Strukturen erfüllt ist. Gemeinsam kommen die Kunst und das Kunstobjekt Levé durch anspruchsvolle „Autofiktionen“ ohne Zugeständnisse zum Ausdruck, die, damit es nicht an Gleichgültigkeit fehlt, ein merkwürdiges Unwohlsein hervorrufen.
Die Serien „Pornographie“ (2002) und „Rugby“ (2003), bei denen es sich um reine fotografische Rekonstruktionen handelt, legen weder rohe Erotik noch sportliche Aggressivität, die doch eigentlich zu erwarten wären, an den Tag. Nach dem Prinzip „neutralisation par soustraction“ hat Edouard Levé diese Traumbilder im Studio und mit Statisten geschaffen. Diese Figuren sind starr wie mechanische Puppen, wie Stillleben in voller Aktion. Kein einziges belangloses Detail vollendet diese blutleere, geradlinige, minimalistische Inszenierung, die der Kommunikation alles Überflüssige und, davon ausgehend, jedes menschliche Echo entzieht. Der Künstler beraubt nicht nur seinen Bildern oder literarischen Texten jedwedes Gefühl, jedwede Unruhe, jedwede affektive Information, sondern auch seinem eigenen Leben, diesem Leben, das so tragisch endet, als er 2007 den Freitod wählt – drei Tage, nachdem er ein Skript vorgelegt hatte, bei dem es um den Selbstmord eines Freundes geht ... .